Die Karlskirche Wien

Geschichte

Im Jahre 1713 wurde die kaiserliche Residenzstadt Wien von einer furchtbaren Pestseuche heimgesucht. Der damalige Kaiser Karl VI. gelobte zum Dank für die überstandene Pestgefahr zu Ehren seines Namenspatrons Karl Borromäus ein würdiges Gotteshaus errichten zu lassen. Der Hl. Karl war ja selbst durch sein vorbildliches und aufopferndes Wirken für die Pestkranken seiner Bischofsstadt Mailand neben den Hl. Sebastian, Rochus und Rosalia zum Pestpatron der Katholischen Kirche geworden.

Auf Befehl des Kaisers erfolgte dann eine Ausschreibung zur Erstellung eines Modells für die Kirche, woran sich die drei berühmten Architekten Johann Bernhard Fischer von Erlach, Johann Lukas Hildebrand und Ferdinando Galli Bibiena beteiligten.

Nachdem das Modell Fischers den Vorzug erhielt, konnte im Jahr 1715 mit den Erdaushebungen begonnen werden. Zur Aufbringung der für den Bau nötigen geldlichen Barmittel hatten vor allem die Stände der erbländischen Provinzen und viele Private beigetragen. Ebenso beteiligten sich an diesen Leistungen Spanien, die Niederlande, Mailand, Italien und Böhmen.

Der Bau der Karlskirche dauerte 21 Jahre, nachdem am 4. Februar 1716 die feierliche Grundsteinlegung stattfand. Im selben Jahr trat der von der Hl. Agnes 1233 in Prag gegründete ritterliche Kreuzherrenorden mit dem Roten Stern mit dem Kaiser in Gespräche, was die geistliche Obsorge der Kirche betrifft. Diese wurde schließlich im Jahre 1733 durch eine kaiserliche Entschließung vom 10. November an den Orden übertragen.

Auch im hiesigen Kreuzherrenhof bestand nach dem Ordensstatut ein Armenhaus. Von dieser zeit bis zum heutigen Tag ist, mit einer provisorischen Unterbrechung, die Kirche der Obhut dieses Ordens anvertraut.

Kunst

Der erste unter allen Künstlern dieser Kirche ist sicherlich der Architekt selbst, Johann Bernhard Fischer von Erlach, und dessen Sohn Josef Emanuel, der bereits die ersten klassizistischen Strömungen in seine abschließende Gestaltung einwirken ließ. Fischer von Erlach der Ältere errichtete ein sakrales Denkmal von europäischem Rang. Von der Von der römischen Architektur eines Lorenzo Bernini ergriffen und ihre Lichtwirkungen für den benützend, schuf der Architekt ein Bauwerk, welches auch die Erkenntnisse der „Historischen Architektur“ einbezog.

In keiner gediegenen Kunstgeschichte über Europa fehlt die Wiener Karlskirche. Sie ist in ihrer geschlossenen und markanten Komposition der bedeutendste barocke Sakralbau Österreichs. Von Jahre 1716 bis 1723 wirkte der ältere und von 1723 bis 1739 der jüngere Fischer von Erlach. Die Kuppel wurde 1725 und der Rohbau 1729 vollendet.

Die Kirche lag ursprünglich am Uferhang des Wienflusses und war städtebaulich als Blockpunkt der zu verlängernden Herrengasse-Augustinerstraße gedacht, wobei auch der Blick von der kaiserlichen Hofburg miteinbezogen war. Im Giebelrelief der Vorhalle gestaltete Giovanni Stanetti das Erlöschen der Pest mit der Ansicht von Wien. Die auf den Treppenwangen stehenden zwei Engelstatuen als Symbole des Alten und Neuen Testamentes schuf Franz Caspar. Die Attika-Figuren und die bekrönenden Adler sowie die Engelsfiguren am Tambour stammen vom berühmten Bildhauer Lorenzo Mattielli, der unter anderem auch im Belvedere, an der Wiener Michaelerkirche und in Mariazell tätig war.

Die Spiralreliefs an den Trumpfsäulen mit Szenen aus dem Leben des Hl. Karl gestaltete Johann Christoph Mader unter Mitarbeit von Johann Baptist Straub und Jakob Schletterer. Der Innenraum, in dem die Farben Weiß, helles Rotbraun und Gold dominieren, besitzt seinen malerischen Höhepunkt in dem von Johann Michael Rottmayr in den Jahren 1725 bis 1730 geschaffenen Kuppelfresko. Die Scheinarchitekturen malte Gaetano Fanti.

Malereien in der Kuppel © Erzdiözese Wien/ Stephan Schönlaub

Besonders hervorzuheben ist das Altarblatt des linken großen Seitenaltrares mit der Darstellung der Himmelfahrt der Gottesmutter des berühmten Venezianers Sebastiano Ricci um 1734.

Die Marmormensa des Hochaltares mit den anbetenden Engeln schuf Lorenzo Mattielli. Einen Entwurf für die plastische Gestaltung des Hintergrundes mit der Aufnahme des Hl. Karl Borromäus in den Himmel schuf 1728 Ferdinand Brokoff, vermutlich nach Plänen des jüngeren Fischer von Erlach. Der ausführende Bildhauer ist bis heute unbekannt.

Altar © Erzdiözese Wien/ Stephan Schönlaub

Das Altarbild des rechten Seitenaltares, darstellend die Hl. Elisabeth, schuf 1736/37 Daniel Gran. Das Gemälde des rechten kleinen hinteren Seitenaltares, darstellend die Erweckung des Jünglings von Naim, schuf im Jahre 1731 Martino Altomonte – um nur die bedeutendsten Altarblätter hervorzuheben.

Bemerkenswert sind auch die im französischen Barockstil geschaffenen Beichtstühle und die Kirchenbänke. Auch die künstlerische Gestaltung der Sommer- und Wintersakristei mit den herrlichen Stuckarbeiten und intarsierten Schränken ergänzt den Rahmen dieses würdigen Gotteshauses.

Barocker Beichstuhl © Erzdiözese Wien / Stephan Schönlaub

In der Schatzkammer befindet sich dann noch unter anderem ein Messgewand des Hl. Karl Borromäus mit dem Kardinalshut, was Kaiser Karl VI. aus Mailand bringen ließ. Auch die kostbare Reliquie des Heiligen, die vom Doppeladler bekrönt wird, ist genauso hervorzuheben wie eine kleine barocke Skulptur des Auferstandenen, die immer in der österlichen zeit den Hochaltar ziert.

Abschließend soll auf ein Ölportrait des Architekten Johann Bernhard Fischer von Erlach hingewiesen werden, welches aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts stammt und das einzige Ölportrait dieses wahrlich europäischen Architekten darstellt.

Nach:
Sammer, Dr. Alfred. Geschichte, Kunst und Symbolik der Wiener Karlskirche. Provinzialat des ritterlichen Kreuzherrenordens mit dem Roten Stern. Wien: 1984.